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23. März 2020

Fußball-Ligen & COVID-19: Nur unternehmerische Rationalität kann das Ecosystem Profi-Fußball retten

Wie alle Bereiche des öffentlichen Lebens, haben auch die professionellen Fußballligen unter dem Eindruck der COVID-19 Pandemie ihren Spielbetrieb eingestellt. Sofern die Saison 2019/20 nicht fortgesetzt wird, drohen den großen Ligen Erlösausfälle in zwischen GBP 10 Milliarden (Premier League) und EUR 750 Millionen (Deutsche Fußball Liga). Kleinere Ligen, wie die schweizerische Super League oder die Österreichische Fußball Bundesliga müssten mit Verlusten von rund EUR 100 Millionen kalkulieren, dies wären rund die Hälfte der jeweiligen Jahresumsätze – ohne Transfererlöse. Diese Erlösrisiken müssen aber nicht zwangsläufig eintreten, wenn man jetzt konsequent die Sicherung der beiden Erlösquellen Medienrechte und Sponsoring betreibt.

Rasches Handeln ist hier von höchster strategischer Bedeutung. Die eigentliche Herausforderung der Ligen und ihrer Teams liegt nämlich nicht allein in den aktuell drohenden Erlösausfällen. Vielmehr droht der über Jahre entwickelte Wertschöpfungskreislauf („Ecosystem“) des Profi-Fußballs nachhaltigen Schaden nehmen. Sollte der Spielbetrieb nicht rasch wieder aufgenommen werden, entfallen nicht allein die vier wichtigsten Erlösquellen im Fußball-Ecosystem: Transfers, Eintrittsgelder, Sponsoring und Medienrechte. Vielmehr würde ein erheblicher und möglicherweise langfristig nachhaltiger Kollateralschaden auf den beiden letztgenannten Märkten entstehen.

Ohne Fußball in Paid-Medien kein Abo-Verkauf bzw. Churn, ohne Live und High Light Berichte kein medialer Wert für die Sponsoren. Sky, DAZN, Teleclub und andere haben in den letzten Jahren hohe Wetten darauf abgeschlossen, dass ihre hohen Investitionen in Spitzenfußball am Ende profitabel zu refinanzieren sind. Diese Spekulationsblase würde jetzt platzen, wenn die Profi-Teams bis auf Weiteres die Arbeit einstellen. Das aktuell laufende Vergabeverfahren der DFL wird ein erster belastbarer Indikator, wie stark sich die Effekte der aktuellen Situation in die Zukunft fortsetzen werden. Die Lösung kann nur darin bestehen, die Ticketingerlöse für diese Saison zu vergessen, Transfervoraussetzungen zu schützen und alle Kraft auf das wirtschaftliche Überleben „des Fußballs“ zu konzentrieren.

Die Ligen und Teams haben jetzt nur eine Chance, um den Eintritt des realistisch drohenden Worst Case Szenarios zu verhindern: The show must go on:  Der Spielbetrieb muss unter engen Bedingungen schnellstmöglich aufgenommen werden und die nationalen Meisterschaften zu einem regulären Ende gebracht werden. Hierfür braucht es drei Voraussetzungen.

Spielbetrieb ohne Zuschauer: Das heißt zwangsläufig „Geisterspiele“, also der Ausschluss aller Zuschauer und der Verzicht auf Eintrittsgelder. Geisterspiele sind bei Fans und Spielern aller Ligen ein emotionales Thema, in der jetzigen Situation aber alternativlos. Die gerade in Deutschland und England durchweg hohe Stadion-Auslastung wird erhebliche wirtschaftliche Einbußen zur Folge haben, die aber im Vergleich zum Totalausfall aller Erlöse hingenommen werden müssen.

Quarantäne & medizinisches Monitoring der Teams: Die Gewährleistung der Gesundheit aller am Spielbetrieb Beteiligten sollte im ureigensten Interesse der Teams und der einzelnen Spieler sein und muss durch individuelles professionelles Verhalten und engstmögliche medizinische Überwachung sichergestellt werden.

Cost Cutting & finanzielle Solidarität: Ohne ein gemeinsames Verständnis, dass es in der jetzigen Situation um den Erhalt des Ecosystems-Profifußball geht, ein Scheitern zwangsläufig ein Ende der Party bei Team-Erlösen und Spielergehältern bedeutet, wird es nicht gehen.

  • Auf Liga-Ebene sollten Anpassungen der Zentralvermarktungs-Erlösverteilschlüssel zugunsten finanzschwacher Teams in Erwägung gezogen werden.
  • In Fällen restriktiver Rahmenbedingungen für externe Investoren, sollte über– gegebenenfalls zweitweise – Lockerungen nachgedacht werden.
  • Die Teams stehen vor der Herausforderung, ihre Kosten rasch an die temporär veränderte Erlössituation anzupassen. Dies wird umso einfacher, je rascher der Spielbetrieb wieder aufgenommen wird und Medienrechte & Sponsoring-Verträge erfüllt werden, also allein die Ticketing-Erlöse (und Einnahmen aus den UEFA Wettbewerben) ausbleiben.

Dennoch werden im Einzelfall einschneidende Maßnahmen unverzichtbar sein, um den Cash Flow der Teams aufrechtzuerhalten und dazu gehören in erster Linie rasche und drastische Kosteneinsparungen. Dies zu erreichen stellt gerade finanzschwache Teams in kleineren Ligen vor erhebliche Herausforderungen. Aber auch Top-Teams mit hochbezahlten Starspielern können keine einseitigen Gehaltskürzungen bis zum Ende der Krise anordnen, sondern müssen gerade die Bezieher von Spitzengagen und ihre Berater davon überzeugen, dass solidarisches Verhalten im ureigensten Interesse gerade dieser Spielerkategorie liegt.

COVID-19 muss nicht das Ende des Fußballs sein, wie wir ihn kennen und lieben. Aufhören über Geisterspiele zu jammern, die Gesundheit von Teams und Betreuern sicherstellen und schnellstmöglich die nationalen Wettbewerbe weiterspielen. Dann fließen Pay-TV und Sponsoren-Erlöse wieder und die Fans haben endlich Abwechslung vom #stayathome. Sky, DAZN etc. wird es auch freuen, eine bessere Sales-Unterstützung für ein Abo wird es nie wieder geben. Was wiederum eine höhere Zahlungsbereitschaft bei der nächsten Rechtevergabe auslösen würde: Der Erfolgskreislauf des Profi-Fußball wäre gerettet.